|   
								Maria Anna Arbauer, geb.Bernay,vermutl. Johann Nicolas Treu (1734-1786) um 1780,
 Öl auf Leinwand, hmf
 | 
										Unternehmerisches Denken und HandelnObwohl erwerbstätige Frauen seit Jahrhunderten überall im Stadtbild präsent waren, erscheint die 
										weibliche Arbeitswelt als ein blinder Fleck in der Frankfurter Geschichte. Dabei arbeiteten Frauen in 
										allen Wirtschaftszweigen. Meist im Rahmen eines häuslich organisierten Gewerbebetriebes, der auf die 
										Arbeit von Ehefrauen, Witwen und Töchtern angewiesen war. Das Recht, ein bestimmtes Handwerk auszuüben, 
										konnten jedoch nur Männer durch die Aufnahme in die Zunft erwerben. Beim Tod eines Meisters ging dieses 
										Recht allerdings auf seine Witwe über. Zahlreiche Meisterwitwen und Meistertöchter bewiesen, dass ihre 
										Geschäftskenntnisse sie dazu befähigten, die Werkstatt eigenständig und mit Erfolg zu führen. Dies mussten 
										sie dennoch wiederholt bei der jeweiligen Zunft und dem Rat der Stadt Frankfurt erstreiten. Denn die 
										handwerkliche Mitarbeit von Ehefrauen und Töchtern, die in der Regel nicht aktenkundig wurde, war – in 
										einem gewissen Rahmen und abhängig vom Handwerk – durchaus selbstverständlich.
 In vielen Bereichen waren Frauen in den Produktionsprozess eingebunden. Obwohl sie keine formale Lehre 
										absolvieren durften, erwarben sie offensichtlich dennoch Qualifikationen, die sie sogar in die Lage versetzten, 
										männliche Mitarbeiter auszubilden. Übten diese Frauen ihren im häuslichen Betrieb erlernten Beruf jedoch ohne 
										Rechtsanspruch aus, so gerieten sie bald in Konflikt mit der Zunft, für die jegliche unberechtigte 
										handwerkliche Produktion als Pfuscherei galt. Dies war den männlichen Zunftangehörigen ein Dorn im Auge und 
										sie beschwerten sich bei der Obrigkeit. Die Klagen richteten sich sowohl gegen Witwen und Meistertöchter, 
										die in ein anderes Handwerk eingeheiratet hatten, als auch gegen unverheiratete Töchter, denen nach dem Tod 
										der Eltern die nötige Handwerksgerechtigkeit fehlte, um den Betrieb fortzuführen.
 
 Für unsere Fragestellung nach der weiblichen Erwerbstätigkeit stellen die  Klagen sowie die Verteidigungsschriften 
										der Handwerkerinnen eine wichtige Informationsquelle dar. Die Mehrzahl der aktenkundigen Fälle stammte aus dem 
										Textilgewerbe. Die Dokumente bezeugen, mit welcher Sachkenntnis, Beharrlichkeit und auch Unternehmungsgeist sie 
										für das wirtschaftliche Überleben ihres Betriebes und ihrer Familien kämpften.
 
 Diesen widerständigen und beharrlich agierenden Frauen wollen wir hier eine Stimme geben. Von ihrem 
										Sachverstand, ihrer Durchsetzungsfähigkeit sowie ihrer „cleverness” zeugen vorhandene Quellen. 
										Auf den Hinweis hin, dass in der Zunftordnung der Sohn eines Meisters, wenn er selbst nicht Meister werden könne, 
										trotzdem auf eigene Hand (also alleine und ohne Gesellen) arbeiten dürfe, argumentiert die angeklagte resolute 
										Buchbinderin Haag: „Soll ich dann nun bloß weil ich eine Weibsperson dergleichen beneficii nicht auch 
										fähig seyn? soll ich dann bloß meines Geschlechts halber Allmosen heischen müssen?” Gehör fand sie mit 
										ihren Argumenten beim Rat freilich nicht.
 
 Von den Handwerkerinnen und Händlerinnen existiert nur spärliches Bildmaterial, daher lassen wir andere 
										Quellen sprechen – wir zeigen handwerkliche Produkte, die aus ihrer Fertigung stammen könnten.
 
 Als  widerständig und streitbar galten auch die Frauen, die an Marktständen, im Straßenhandel und in 
										Kleinbetrieben arbeiteten, wo sie ihre Waren anbieten und sich nicht selten gegen männliche Konkurrenz mühsam 
										durchsetzen mussten.
 
 Im Alltag der Stadt kam man insbesondere an den Frauen aus Sachsenhausen nicht vorbei. Sie waren an ihrer 
										Kleidung, Sprache und an den hohen Korbpyramiden, die sie auf dem Kopf trugen erkennbar. Die Tatsache, 
										dass sie neben ihrem Angebot auf dem Boden kauerten, trug ihnen die Bezeichnung »Hockinnen« oder »Hockenweiber« 
										ein. Sie galten – nicht anders als die Marktfrauen sonst auf der Welt – als laut, derb und 
										scharfzüngig. Auf den Plätzen nördlich des Mains verhökerten sie  Obst und Gemüse, das sie mit ihren Männern in 
										Gärten und auf den Feldern vor der Stadt anbauten.
 Die Frauen aus den höheren Ständen hielten Distanz und 
										schickten ihre Dienstmägde zum Einkauf auf den Grünmarkt.
 
 Handelsfrauen wie Maria Anna Arbauer oder Margaretha Elisabeth Pilgeram oder Margaretha Eleonore Jäger waren 
										voll geschäftsfähig. Sie konnten Verträge abschließen, Wechsel ausstellen und Bürgschaften übernehmen. Das 
										eheliche Arbeitspaar teilte sich die im Betrieb anfallenden Aufgaben, sowie Risiko und Gewinn. Abgesehen vom 
										Kleinhandel begegnen uns selbständige Kauffrauen vor allem im Bereich des Handels mit Mode- und Luxusartikeln. 
										Auch das Bank- und Finanzwesen, das sich vor allem aus dem Kommissions- und Speditionshandel entwickelte, erlebte 
										in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts einen enormen Aufschwung. In Frankfurt traten einige Frauen, wie etwa 
										die Handels-und Bankfrau Christina Barbara Metzler, Susanna Elisabeth Schönemann, geb. d Orville oder etwa 
										Cäcilie Marianne Gontard, geb. Gontard an die Stelle männlicher Familienmitglieder und leiteten erfolgreich 
										ihre Unternehmen. Im 19. und 20. Jahrhundert forderten Geschäftsfrauen zunehmend ihr Recht auf Berufsausbildung 
										und Erwerbsarbeit ein, eine formale betriebliche Ausbildung blieb ihnen jedoch bis ins 20. Jahrhundert verwehrt. 
										Daher sind ihre Positionen in erfolgreichen Unternehmen in dieser Epoche schwer nachzuweisen. Häufig steckte 
										auch hinter dem Unternehmer mit offiziellem Posten ein Unternehmerpaar, das gemeinsam den Betrieb führte.
 Ursula Kern
 |  |